die Sondereinheit für Observation
das Bundeskriminalamt
Schengener Informationssystem
Enfopol
ILETS
Technologien für eine Politische Kontrolle

 

 

 

Die Sondereinheit für Observation (SEO)

Die Operation Spring war der erste große Auftritt der Sondereinheit Observation. Denn erstmals die Ratskammer in Österreich einen "großen Lauschangriff". Und genau damit beschäftigt sich die 1998 gegrpndete, klandetin arbeitende Einheit des Innenministeriums. Mit der Anbringung von Wanzen und Videokameras in Räumen, mit dem Abfangen von e-mails und dem Abhören von Telefongesprächen. "Laut Dr. Walter Schubert, Leiter der Kriminalpolizeilichen Abteilung der Wiener Polizei, hätten die Kriminalisten in einem halben Jahr über 30000 Telefonate registriert, mehr als 4000 Telefonnummern wären weltweit immer wieder angerufen worden", heißt es in der Sonderausgabe 1999 der "Öffentlichen Sicherheit", des Magazins des Innenministeriums. Die Öffentliche Sicherheit interpretiert diese Tatsachen als Beweis für das Ausmaß des ausgeforschten "internationalen kriminellen Netzwerkes". Angesichts der Ergebnisse der Operation Spring u. a. A. ist diese Tatsache vielmehr ein Beweis dafür, wie viele unschuldige Menschen im Laufe der Bespitzelungen in ihrem Recht auf Privatleben verletzt wurden.

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Die übliche Informationspflicht der Sicherheitsbehörden gilt nicht für die SEO. Informiert über die Aktivitäten ist lediglich der Untersuchungsrichter, der ebenfalls zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Auch die Auswertung der gesammelten Materialien und die Zuordnung von Personen und Ereignissen obliegt der SEO.

 

Das Bundeskriminalamt (BKA)

Die österreichischen Sicherheitsbehörden arbeiten zur Zeit an einer weiteren Zenralisierung ihres Apparates. Österreich erhält nun ein Bundeskriminalamt, so wie es in Deutschland bereits seit langem existiert. Die Planungsphase ist bereits abgeschlossen, nun wird an der organisatorischen Umsetzung gearbeitet.

Das neue BKA soll aus einer Stabstelle bestehen sowie aus den Abteilungen Internationale Polizeikooperation, Organisierte Kriminalität, Kriminalitätsanalyse, Kriminalpolizeiliche Assastenz, Kriminaltechnik und Ausbildung. Die Sondereinheiten des Innenministeriums, wie beispielsweise die Einsatzgruppe zur Bekämpüfung des Terrorismus (EBT) oder die Sondereinheit Observation (SEO) werden ebenfalls im BKA aufgehen. Auch übersiedelt das Büro des Erkennungsdienstes der Kriminaltechnik und Fahndung (EKF) sowie die Staatspolizei in das zukünftige Amt am Lichtenwerder Platz in Wien.

Mit dem Bundeskriminalamt werden mehrere Ziele verfolgt:

  1. "Effizienzsteigerungbei gleichbleibenden oder sogar sinkenden Ressourcen"
  2. "Konzentration der Kräfte"
  3. "in erste Linie 'Intelligence-Arbeit' leisten" (Zitat Innenminister Strasser)
 

Das heißt dass einerseits viele Kompetenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen Sicherheitsapparaten ein für allemal beendet werden und andererseits der Repressionsapparat zentralisiert wird.

Diese Reform beinhaltet auch eine neue Gewichtung polizeilicher Arbeit. So soll sich eine eigene Abteilung des Bundeskriminalamtes ausschließlich mit Kriminalitätsanalyse beschäftigen. Diese Abteilung wird zur Aufgabe haben, die zahllosen Daten, die staatliche Behörden im Zuge ihrer Ermittlungen speichern, auch auszuwerten und sogenannte "kriminalistische Lagebilder" zu erstellen. Führende Polizeivertreter aus den Polizeien der Europäischen Union haben von Anfang an deutlich gemacht, die Bundeskriminalämter der Mitgliedsstaaten vor allem Datenzentrale werden sollen und es ihnen dabei besonders um die sog. "weichen Daten" gehe, d.h. Daten ohne unmittelbaren Bezug zu einer Straftat, die jedoch geeignet sein können, Persönlichkeitsprofile, Verbindungen u. ä. zu erstellen.

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aus: Operation Spring, der Polizeistaat läßt grüßen,
Kampange zur Verteidigung politischer und sozialer Rechte
c/o Amerlinghaus, Stiftg.8, 1070 Wien

 

 
Informationssysteme mit geheimdienstlichen Ge- und Mißbrauch

SIS - Schengener Informationssystem

Das SIS wurde mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen (Art. 92 bis 94) vertraglich errichtet. Es wird von den Vertragsparteien gemeinsam unterhalten und teilt sich in einen nationalen Teil (in jedem Mitgliedsstaat eingerichtet) und einer "technischen Unterstützungseinheit" (in Straßburg eingerichtet und von allen gemeinsam betrieben). Die nationalen Teile sind über die technische Unterstützungseinheit verbunden, welche der online-Übermittlung dient. Ein Zugriff auf Daten, die von einem anderen Mitgliedsstaat erfaßt wurden erfolgt nicht direkt zwischen den betreffenden Staaten, sondern die technische Unterstützungseinheit nimmt automatisiert einen Datenabgleich vor. Somit sind alle Informationen - abgesehen von den minimalen Zeitabständen auf Grund des Datenabgleichs - auf allen Systemen gespeichert. Das SIS wurde für die Ausschreibung von Personen und Sachen, zweitere zum Zwecke der Sicherstellung und Beweissicherung, konzepiert.

weitere Infortmationssysteme:

TECS - Informationssystem von EuroPol

Inpol – Informationssystem der Polizeien des Bundes und der Länder (Deutschland)

National DNA Database (Großbritannien)

CODIS – Combined DNA Index System (FBI)

 

http://oeh.tu-graz.ac.at/fraktionen/blatt/grundrechte
Nationalratsdebatte bzgl. fehlender Kontrolle von Überwachungsmaßnahmen
Nach dem "Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union" ist es möglich, eine in einem anderen Land befindliche Zielperson ohne Zuhilfenahme dieses Landes zu überwachen, wenn entsprechende technische Möglichkeiten bestehen. Dieses EU-Rechtshilfeübereinkommen ist Teil der höchst umstrittenen Pläne für eine grenzüberschreitende Überwachung des Telekommunikationsverkehrs [Enfopol].
Die Abhör-Debatte im Hauptausschuss des Nationalrats am 25.11.99 diskutierte eine österreichische Vorgehensweise, konkrete Anträge des grünen Abgeordneten Peter Pilz, die eine Kontrolle der staatlichen Abhörmaßnahmen durch den EuGH und das Europäische Parlament einerseits und eine Streichung des umstrittenen Artikels 18 der große datenschutzrechtliche Probleme aufwirft, andererseits betrafen, wurden allerdings abgelehnt, ein Handlungsauftrag an Justizminister Michalek für die Verhandlungen im EU-Ministerrat kam nicht zustande. Zur Debatte standen im Hauptausschuss die Artikel 16, 17 und 18 des Rechtshilfeabkommens. Artikel 16 regelt das Ersuchen um Überwachung des Telekommunikationsverkehrs: Zum Zweck einer strafrechtlichen Ermittlung kann eine zuständige Behörde in einem Mitgliedstaat [ersuchender Mitgliedstaat] in Übereinstimmung mit den innterstaatlichen Rechtsvorschriften an eine zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats [ersuchter Mitgliedstaat] ein Ersuchen um Überwachung des Telekommunikationsverkehrs richten. Dabei soll die Überwachung nicht nur im ersuchenden oder im ersuchten Mitgliedstaat möglich sein, sondern auch in einem dritten Mitgliedstaat. In Artikel 17 wird normiert, dass Telekommunikation über Satelliten nicht nur in jenem Land abgehört werden darf, in dem sich die Bodenstation des Satelliten befindet, sondern - durch Einschaltung des jeweiligen Diensteanbieters - auch in anderen Ländern.
 
Satellite interception site at Sugar Grove, West Virginia, showing six antennae targeted on European and Atlantic Ocean regional communications satellites
Besonders umstritten ist Artikel 18, in dem es um die grenzüberschreitende Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in einem Mitgliedstaat ohne dessen Zuhilfenahme geht. Gemäß Art. 18 Abs. 1 ist der Mitgliedstaat, in dem sich die abgehörte Zielperson befindet, von der Überwachungsmaßnahme zu informieren. Dieser Mitgliedstaat hat dann laut Art. 18 Abs. 3 lit. b die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von 96 Stunden der Überwachung zuzustimmen. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Antwort, so hat der überwachende Staat die Überwachung sofort auszusetzen und darf das gesammelte Material nicht verwenden. Reagiert der "besuchte" Staat [so nennt das Überwachungspapier den Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet ein anderer Mitgliedstaat eine Überwachung durchgeführt hat] nicht innerhalb von 96 Stunden, so gilt das laut Art. 18 Abs. 3 lit. b ausdrücklich als Verweigerung der Hilfe.
Volltext des Dokumentes: http://www.quintessenz.at/q/index.html
WAS IST ENFOPOL?
ENFOPOL ist ein während der heimischen EU-Präsidentschaft unter Federführung der österreichischen Mitglieder in der EU-Arbeitsgruppe K4 "Polizeiliche Zusammenarbeit" ["Enforcement Police"] erstelltes Papier zur gesetzlichen Regelung internationaler Zusammenarbeit in Abhörbelangen.
In diesem Papier sind Forderungen der "gesetzlich ermächtigten Behörden" festgeschrieben. Hierzu zählt der "Zugriff auf den gesamten Fernmeldeverkehr, der von der Rufnummer oder sonstigen Kennung des überwachten Telekommunikationsdienstes, die die überwachte Person in Anspruch nimmt, übertragen wird ... bzw dort ankommt."
Von der "Zeichengabe für Bereitzustand" angefangen, sollen schlicht "alle von der überwachten Einrichtung erzeugten Signale" zugänglich gemacht werden, sowie sämtliche technischen Dienste und Daten, die damit in Beziehung stehen: Sowohl GSM wie Festnetztelefonie samt Anrufumleitungen, Konferenzschaltungen, Pager, Voice Mail, E-Mails, WWW und FTP-downloads, Newsgroups, Chat und alles andere. Sogar an ein- oder ausgehende Verbindungen, die nicht zustande kommen, wurde gedacht. All diese Daten wollen die "gesetzlich ermächtigten Behörden" auch sofort: "Die verbindungsrelevanten Daten sollten innerhalb von Millisekunden nach dem Anrufereignis...verfügbar sein... um die Korrelation von Anrufereignis mit Anrufdetails zu erlauben."
 
 
www.telepolis.de
Widerstand regt sich seitens der Betreiber von GSM-Netzen, da die Auswertung dieser Verbindungsdaten zwecks Abrechnung eine immense Belastung der Netze darstellt und deshalb nur einmal täglich, in den verkehrssarmen Nachtstunden, durchgeführt wird. Ansonsten ergibt sich für Europol die Notwendigkeit, "Überwachungsanordnungen von einem Staat an einen anderen Staat weiterzugeben, damit der Diensteanbieter Überwachungen aktivieren kann." Für EU-Bürger/innen, die mit einer im Ausland befindlichen Zielperson mobil telefoniert haben, kann das bedeuten, dass ihre Daten an Behörden eines Drittstaats weitergegeben werden. Dem Wortlaut des Papiers nach ist diese Praxis nicht auf EU-Staaten eingeschränkt: durch internationale Rechtshilfe-Abkommen sind die Unterzeichnerstaaten des IUR zur Zusammenarbeit verpflichtet.
Historisch gesehen sind die ENFOPOL-Pläne auf die Maastrichter Verträge zurückzuführen, entwickelt wurden sie in den sogenannten ILETS den International Law Enforcement Telecommunications Seminars Referatsleiter der nationalen Polizeien, nicht nur von EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch der USA und Kanada, erarbeiten in den ILET-Gruppen gemeinsame Vorschläge und technische Richtlinien und legen Standards fest.
Das ILETS traf sich erstmals im November 1993 auf Einladung des FBI hin Quantico. Zu den Teilnehmern zählten einige EU-Länder, Kanada, Schweden, Norwegen, Finnland, Hong Kong, Australien, Neuseeland und die USA. Die ILETs erarbeitete 1994 die International User Requirements (IUR) zum Abhören von Telekommunikation. Darauf basiert der mit ENFOPOL fast deckungsgleiche FBI-Vorschlag "The Communications Assistance for Law Enforcement Act" [CALEA], der im US-Kongress schon mehrere Male am heftigen Widerstand der Industrie gescheitert ist.
 
 
Von Nicht-EU-Staaten wurden die IUR in einem Memorandum of Understanding als völkerrechtlich bindend gezeichnet. Zwar wurden mit Beschluß des Rates der EU vom 17. Januar 1995 die IUR bereits umgesetzt - doch nur für Telekommunikation. Internet- oder Satellitenkommunikation wurde hier noch nicht erfaßt. Gänzlich verschlossen zeigen sich alle ENFOPOL-Dokumente, in denen zwar unablässig von "gesetzlich ermächtigten Behörden" und "rechtmässiger Überwachung des Kommunikationsverkehrs" die Rede ist, über die Grundlagen der Überwachung, nämlich den Beschluss eines ordentlichen Gerichts.
Sowohl das deutsche TKÜV wie das österreichische Polizeibefugnisgesetz enthalten einen Passus über vorbeugende "Gefahrenerforschung", womit eine allgemeine, nicht kontrollierbare Lizenez zum Abhören beliebig zu definierender Kommiunikationsverbindungen einhergeht. Laut einem Bericht der Sunday Times(22.11.98), sind beim Aufbau der EUROPOL in Holland nicht nur Polizeibeamte, sondern auch Personen aus dem Nachrichtendienstbereich beteiligt. Dazu zitiert das Londoner Blatt Ernst Uhrlau, den Geheimdienstkoordinator des Kabinetts Schröder, der einen EU-eigenen Geheimdienst "als logischen Entwicklungsschritt der Union" ansieht.
Hintergrund für die deutschen Begehrlichkeiten nach einem EU-weiten Nachrichtendienst ist, dass Frankreich und England über eigene, weltweite Lauschsysteme der Militärs verfügen, Deutschland jedoch auf Beistellung der Daten durch eine Drittmacht angewiesen ist. Entweder durch das amerikanisch-britische Echelon-System oder das namentlich nicht bekannte französische, das von Neukaledonien bis Guayana mindestens 17 Abhörstationen weltweit umfasst.
Wenn man vergleicht, wie sich sowohl die Verfasser des neuen Polizeibefugnisgesetzes Geheimdienstagenden eingeschrieben haben, dann bekommt das Stereotyp von den geseztlich ermächtigten Behörden eine höchst bedrohlichen Unterton.
Sobald die Polizei fixe Schnittstellen mit Standleitungen Zu GSM-Masterstationen & Internet-Exchanges, wie die wichtigsten Netzknoten heissen, verfügt, dann könnte sie die ersehnte, "vorbeugende Gefahrenerforschung" selbst betreiben. So wurde es im zweiten Anlauf für das Polizeibefugnisgesetz zum Schrecken der österreichischen Richterschaft wieder in eine Vorlage geschrieben, die Ende März '99 den Ministerrat passiert hat.
Die einmal installierten Schnittstellen könnte man mit anderen "gesetzlich ermächtigten Behörden" teilen, den Militärgeheimdiensten. Die haben nicht nur in Österreich, sondern quer durch Europa, schon immer "vorbeugende Gefahrenerforschung" betrieben, wie die Behörde breit angelegte Abhöraktionen ohne irgendeine Kontrolle durch ordentliche Gerichte euphemistisch nennt.

High frequency radio interception antenna (AN/FLR9)

 

ILETS, die geheime Hand hinter ENFOPOL 98

Die Geschichte von ENFOPOL aus dem Kontext von ILETS, eine US-dominierte, internationale Organisation hinter Europas umstrittenen Plänen zur Internetüberwachung.

 

Europas Überwachungspläne für das 21.Jahrhundert wurden an einer sehr unwahrscheinlichen Örtlichkeit entwickelt. Fünfzig Kilometer südlich von Washington DC, an den sumpfigen westlichen Ufern des Potomac Flusses liegt Quantico, in Virginia. Hier, auf einer großen Militärbasis, befindet sich die Ausbildungs-Akademie und das Forschungs- und Entwicklungszentrum des FBI. Die Öffentlichkeit hat keinen Zutritt zu dieser Hochsicherheitszone. Zwischen 1990 und 1992 hat der FBI wiederholt versucht, den US-Kongress dazu zu bewegen, neue Gesetze zur Telefonüberwachung zu beschliessen. Die Behörde befürchtete, daß die neuen, digitalen Telefonsysteme es wesentlich schwieriger machen würde, Zielpersonen aufzuspüren und ihre Kommunikation abzufangen. Ihr Ziel war, alle Arten an modernen Kommunikationssystemen in in ein nationales und globales Netzwerk zur Überwachung zu verwandeln, das ihnen Zugang "in Echtzeit und zu jeder Zeit" zu jenen geben sollte, die sie beobachten wollten. Die Experten des FBI ignorierten die Kosten, die durch ihre Anforderungen entstehen würden. Sie wollten, daß die Hersteller und die Netzwerkbetreiber die entsprechenden Systeme auf eigene Kosten bereitstellen sollten. Sie waren auch nicht an einem gesetzlichem Sicherungssystem interessiert, das ihre Überwachungsaktivitäten kontrollieren und die Privatsphäre schützen würde. Rechtsanwälte wurden nicht zu den Gesprächen eingeladen. Auch die Zivilgesellschaft würde ihre eigenen Kosten tragen müssen. Da sich das FBI mit Blockaden im Kongress konfrontiert sah, versuchte man anfangs 1993 einen neuen Zugang. Man lud befreundete Staaten nach Quantico ein. Vertreter von Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendiensten trafen sich dort und gaben sich selbst den Namen "International Law Enforcement Telecommunications Seminar" (ILETS). Retrospektiv betrachtet kann die Bezeichnung "Seminar" nur als schwarzer Humor betrachtet werden. Sie agierten geheim, ohne das Wissen von Parlamenten und die Steuerung durch Regierungen. So konnte das FBI mittels ILETS seit 1993 die Politik von Regierungen und der Kommunikationsindustrie weltweit steuern. Im Schatten hinter dem FBI stand die NSA (National Security Agency), deren globale Überwachungsoperationen nur davon profitieren konnten, wenn Nutzernweltweit der Schutz der Privatsphäre systematisch genommen werden würde.

Die Länder die 1993 nach Quantico kamen, waren traditionelle Alliierte der US-Nachrichtendienste wie Kanada, Vereinigtes Königreich und Australien. Es gab auch eine Kerngruppe an europäischen Teilnehmern, die an der Entwicklung flächendeckender Überwachungssysteme interessiert waren - Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Schweden. Weitere Teilnehmer kamen aus Norwegen, Dänemark, Spanien und sogar Hong Kong. Das FBI präsentierte eine Tischvorlage mit dem Titel "Law Enforcement Requirements for the Surveillance of Electronic Communications", geschrieben im Julie 1992. Im Juni 1993 einigten sich EU-Minister bei einem Treffen in Kopenhagen darauf, die Mitgliedsstaaten zu den Themen abstimmen zu lassen, die von FBI und durch ILETS aufgeworfen worden waren. Nach weiteren Diskussionen in Europa in der zweiten Jahreshälfte 93 traf ILETS Anfang 94 in Bonn erneut zusammen. Zu diesem Zeitpunkt zählten Österreich, Belgien, Portugal und Spanien zu den Mitgliedern der Gruppe von nun 19 Staaten.

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ILETS hat auch das Problem der satellitengestützten Mobiltelefonsysteme (wie z.B. Iridium) zum Thema gemacht. Diese Systeme verbinden Nutzer über Satelliten, die nicht von Regierungen kontrolliert werden. Das führte zu einem britischem Vorschlag an die Europäische Kommission: "Regierungen ... werden neue Regelungen für internationale Zusammenarbeit einführen müssen, so dass die notwendige Überwachung operationsfähig werden kann".

 

In leicht modifizierter Fassung wurde IUR 1.0 im Oktober 1994 in den USA zum Gesetz. Europäische Nationen und Australien brachten es später in ihre inländische Gesetzgebung ein. Innerhalb von zwei Jahren, seit dem ersten ILETS-Treffen, waren die IUR, unangefochten und Wort für Wort, zur geheimen offiziellen Politik der EU geworden und Bestandteil von Gesetzen rund um den gesamten Globus.

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Duncan Campbell 29.04.1999

 

 

vibe + quintessenz zu Enfopol
Date: Tue, 30 Nov 1999 11:35:15 +0100 (MET)

q/depesche 99.11.30/1

Gemeinsame Erklärung von VIBE & quintessenz zu ENFOPOL anläßlich der Pressekonferenz des Forums Mobilkommunikation "Enfopol - Vorstufe zum totalen Überwachungsstaat"
Da Telekommunikation (zu der auch Telefonie und Mobiltelefonie gezählt werden sollte) eine zunehmende Rolle in der Gesellschaft spielt, stellt sich natürlich auch die Frage, welche Auswirkungen dieser Trend auf die Strafverfolgung hat. Die Europäische Union hat unter dem Titel "ENFOPOL 98" [und Folgepapiere] Vorschläge zur Überwachung von Telekommunikationsnetzen ausgearbeitet. Diese Richtlinien sind unserer Meinung nach überzogen und demokratiepolitisch äußerst bedenklich. Daß die gesetzlich zur Aufklärung von strafrechtlich relevanten Delikten zuständigen Organe das Internet nicht ignorieren können, steht außer Frage. Im Gegenteil, es ist zu befürworten, daß auch die sich hier bietenden Möglichkeiten zur Aufklärung von Verbrechen genutzt werden. Aber wie auch in anderen Bereichen dürfen die Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht außer acht gelassen werden. Hier liegen unsere Bedenken zu ENFOPOL.
Derzeit regelt das österreichische Recht genau, unter welchen Bedingungen eine Aufhebung des grundrechtlichen Schutzes des Fernmeldegeheimnisses zulässig ist. Im Zuge von ENFOPOL ist aber auch ein grenzüberschreitendes Abhören vorgesehen, ohne daß dies in allen betroffenen Ländern richterlich abgesegnet sein muß. Das ist unserer Meinung nach bei einem Eingriff in Grundrechte nicht tolerierbar.
Weiters spezifieren die ENFOPOL-Vorschläge nicht, wie weit die Kooperation der
Telekommunikationsprovider gehen muß, und welche Daten wirklich in Echtzeit weitergegeben werden müssen. Eine klare Regelung wäre im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen.

Wie konnte es passieren, daß solch weitgehende Abhörpläne fast unbemerkt von der Öffentlichkeit beschlossen werden ? Wenn man sich die spärlichen Informationen zusammensucht, die zu ENFOPOL öffentlich erhältlich sind, so ergibt sich folgendes Bild: Es wurden diverse Geschäftsordnungstricks benutzt, um den Entwurf im EU-Parlament an jeder inhaltlichen Diskussion vorbei zu beschließen. Nachdem sich Widerstand gegen das ENFOPOL-Paket regte, wird jetzt versucht, die einzelnen Forderungen von ENFOPOL auf andere nationale Gesetzesvorhaben und
internationale Verträge aufzuteilen.

 
 
 

EINE BEWERTUNG DER TECHNOLOGIE FÜR EINE POLITISCHE KONTROLLE

Omega-Foundation,Manchester, September 1998

INHALTSVERZEICHNIS
1.Einleitung
2.Entwicklungen in der Überwachungstechnologie
2.1 Fernsehüberwachungsnetze (CCTV)
2.2 Algorithmische Überwachungssysteme
2.3 Wanzen und Abhörgeräte
2.4 Nationale und internationale Netze zum Anzapfen von Fernmeldeverbingungen
2.4.1 Anzapfung aller Fernmeldeverbindungen in der EU durch die NSA
2.4.2 Globales Telekommunikationsüberwachungssystem EU-FBI
2.5 Politische Optionen

1. EINLEITUNG
Das vorliegende Dokument ist eine Zusammenfassung der Zwischenstudie "Eine Bewertung der Technologien für eine politische Kontrolle" (PE 166.499), nachstehend "Zwischenstudie" genannt, die von der Omega Foundation in Manchester erstellt und am 18. Dezember 1997 dem STOA-Gremium und am 27. Januar 1998 dem Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten vorgelegt wurde. Als bekannt wurde, daß die elektronische Überwachung auf der Tagesordnung der September- Tagung 1998 des Europäischen Parlaments stehen würde, wurde die Omega Foundation aufgefordert, eine aktualisierte Zusammenfassung der Zwischenstudie als Unterlage für diese Sitzung zu erarbeiten. Die aktualisierte Zusammenfassung deckt verschiedene Bereiche der in der Zwischenstudie abgehandelten Technologien für eine politische Kontrolle ab.

 

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2. ENTWICKLUNGEN IN DER ÜBERWACHUNGSTECHNOLOGIE
Unter Überwachungstechnologie versteht man Vorrichtungen oder Systeme, die die Bewegungen von Personen, ihres Eigentums oder anderer Vermögenswerte überwachen, verfolgen und bewerten können. Diese Technologie wird zu einem großen Teil dazu eingesetzt, die Tätigkeiten von Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Studentenführern, Minderheiten, Gewerkschaftsführern und politischen Gegnern zu verfolgen. Eine ganze Reihe von Überwachungsgeräten wurde entwickelt, wie beispielsweise Nachtsichtgeräte, Parabolmikrophone zum Abhören von Gesprächen in über 1 km Entfernung, Lasermikrophone, die jedes Gespräch von einem geschlossenen Fenster in Sichtweite aus verfolgen können, die "Danish Jai"-Stroboskopkamera, die in wenigen Sekunden Hunderte von Aufnahmen machen und alle Teilnehmer an einer Demonstration oder an einem Marsch einzeln photographieren kann, und das automatische Fahrzeugerkennungssystem, das mit Hilfe eines geographischen Informationssystems von Karten Autos in einer Stadt verfolgen kann.Die ursprünglich für die Verteidigung und die Geheimdienste entwickelten neuen Technologien haben sich nach dem Kalten Krieg schnell für die Strafverfolgung und im privaten Sektor durchgesetzt. Dabei handelt sich um einen jener Bereiche destechnologischen Fortschritts, in dem überholte Vorschriften nicht mit der immer weiter verbreiteten mißbräuchlichen Verwendung Schritt halten konnten.

The "Data Workstation" Comint software system analyses up to 10,000 recorded messages,
identifying Internet traffic, e-mail messages and attachments
 

Bis zu den 60er Jahren waren die meisten Überwachungsgeräte technologisch einfach und teuer, da sie voraussetzten, daß man den Verdächtigen auf Schritt und Tritt folgte, wozu bis zu 6 Personen in Zweierteams, die in drei Achtstunden- Schichten arbeiteten, nötig waren. Alle Informationen und erzielten Kontakte wurden schriftlich festgehalten und abgelegt, wobei wenig Aussicht auf eine schnelle Überprüfung bestand. Auch die elektronische Überwachung war sehr arbeitsintensiv. Beispielsweise beschäftigte die ostdeutsche Polizei 500.000 geheime Informanten, wovon 10.000 ausschließlich dazu eingesetzt wurden, die Telefongespräche der Bürger abzuhören und niederzuschreiben.In den 80er Jahren entstanden neue Formen der elektronischen Überwachung, von denen viele auf die Automatisierung des "Lauschangriffs" abzielten.
 

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2.4.1 ANZAPFUNG ALLER FERNMELDEVERBINDUNGEN IN DER EU DURCH DIE NSA
Der Zwischenstudie zufolge werden in Europa alle E-Mail-, Telefon- und Faxverbindungen routinemäßig von der Nationalen Sicherheitsagentur der Vereinigten Staaten angezapft, und alle Zielinformationen werden vom Europäischen Festland über das strategische Zentrum in London und über das wichtige Zentrum in Menwith Hill in den North York Moors des Vereinigten Königreiches über Satellit nach Fort Meade in Maryland weitergeleitet.Dieses System wurde erstmals in den 70er Jahren von einer Gruppe von Forschern im Vereinigten Königreich entdeckt (Campbell, 1981).
Ein vor kurzem erschienenes Buch von Nicky Hager, "Secret Power" (Hager, 1996), liefert umfassende Details über ein als ECHELON bekanntes Projekt. Hager interviewte mehr als 50 Personen, die mit dem Nachrichtendienst zu tun haben, um zu belegen, daß dieses globale Überwachungssystem die ganze Welt umfaßt und ein Zielsystem auf allen wichtigen Intelsatelliten bildet, die dazu verwendet werden, die meisten Verbindungen über Satellitentelefon, Internet, E-Mail, Fax und Telex weiterzuleiten.

Diese Stationen befinden sich in Sugar Grove und Yakima in den Vereinigten Staaten, in Waihopai in Neuseeland, in Geraldton in Australien, in Hongkong und in Morwenstow im Vereinigten Königreich. Das ECHELON-System gehört zum UKUSA-System, aber im Gegensatz zu vielen elektronischen Spionagesystemen, die während des Kalten Krieges entwickelt wurden, wurde ECHELON hauptsächlich für nichtmilitärische Zielgruppen entworfen: Regierungen, Organisationen und Unternehmen in praktisch allen Ländern.

 

Satellite ground terminal at Etam, West Virginia  connecting Europe and the US via Intelsat IV
 

 

Das ECHELON-System zapft wahllos sehr große Mengen von Verbindungen an und wertet dann durch künstliche Intelligenz wie Memex zum Auffinden von Schlüsselwörtern die wertvollen Informationen aus. Fünf Staaten können die Ergebnisse nutzen, wobei gemäß dem UK/USA-Abkommen von 1948 die USA der Hauptpartner sind und Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien eine untergeordnete Position einnehmen. Alle fünf Zentren stellen den anderen vier Partnern "Wörterbücher" der Schlüsselworte, Sätze, Personen und anzuzapfende Anschlüsse zur Verfügung, und die angezapfte Verbindung wird sofort an das Land weitergeleitet, daß den entsprechenden Antrag gestellt hat. Einerseits werden so zwar viele Informationen über potentielle Terroristen gesammelt, es gibt aber andererseits auch viele wirtschaftliche Einsätze, insbesondere für die intensive Überwachung all jener Länder, die an den GATT-Verhandlungen teilnehmen.
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2.5 POLITISCHE OPTIONEN
(i) Eine Reihe von detaillierteren Untersuchungen zu den sozialen, politischen, kommerziellen und verfassungsmäßigen Auswirkungen des in der Studie beschriebenen globalen elektronischen Überwachungsnetzes sollte im Hinblick auf die Abhaltung einer Reihe von Anhörungen von Experten als Grundlage für die künftige Politik der EU im Bereich der Grundfreiheiten in Auftrag gegeben werden. Diese Untersuchungen könnten folgende Bereiche abdecken:

(a) die verfassungsmäßigen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Möglichkeit der nationalen Sicherheitsagentur (NSA) der Vereinigten Staaten, alle europäischen Fernmeldeverbindungen anzuzapfen, ergeben, und insbesondere die rechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Vertrag von Maastricht sowie die gesamte Problematik des Einsatzes dieses Netzes für die automatisierte politische und wirtschaftliche Spionage;

(b) die sozialen und politischen Auswirkungen des globalen Überwachungssystems FBI-EU, der dadurch mögliche wachsende Zugriff auf die neuen Kommunikationsmedien ein schließlich E-Mail und die weitere Expansion in neue Länder, gemeinsam mit allen damit zusammenhängenden finanziellen und verfassungsrechtlichen Fragen;

(c) die Struktur, Rolle und Aufgabe eines EU-weiten Überwachungsgremiums, das unabhängig vom Europäischen Parlament eingesetzt werden könnte, um die Tätigkeiten aller Organisationen zu überprüfen und überwachen, die sich mit dem Anzapfen von Telekommunikationsverbindungen in Europa beschäftigen.
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